Grusswort von Fin de Nucleaire zur LAKO

Grußwort zur Landeskonferenz der Anti Atom Initiativen NRW

Am 25. Juni 2017 schlossen sich 50.000 Menschen zusammen, um die Schließung des Atomkraftwerks in Tihange zu fordern. Die Anzahl der Demonstranten hat vieleüberrascht. Bemerkenswert war aber auch die mangelnde Reaktion der offiziellen Politik als Folge dieses außergewöhnlichen Ereignisses. Es gibt Gründe für die scheinbare Lethargie der Führer unseres Landes angesichts dieser Volksdemonstration, vielleicht ausgehend von einem Schuldgefühl, das durchaus angemessen wäre.

Offensichtlich zeigt hat sich bei der Durchsetzung des Programms der Atomindustrie ein
eklatanter Mangel an demokratischer Debatte sowie falscher staatlicher Propaganda: angeblich handelt es sich bei der Nuklearenergie um einen unbegrenzten, billigen und sicheren Energieträger. Erinnern wir uns anlässlich des siebten Jahrestages von Fukushima daran, dass dies nach Tschernobyl im Jahr 1986 der zweite Unfall eines Kernkraftwerks ist, dessen Folgen unabsehbar sind. Erinnern wir uns außerdem daran, dass im Jahre 1960 die Führer von 16 europäischen Ländern, einschließlich der Belgiens, sich bereit erklärten, die Pariser Konvention zu unterzeichnen, mit der die finanzielle Verantwortung der Betreiber im Falle eines nuklearen Unfalls begrenzt werden sollte. Kein Versicherungsunternehmen wollte das als zu hoch angesehene nukleare Risiko decken. Ohne diese einzigartige Konvention hätte sich die Atomindustrie in Europa niemals entwickeln können.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ein schwerer Unfall in Tihange das
Ende des Lebens bedeuten würde, wie wir es bisher kennen – das Ende der Wallonie als Region. Dass die Kosten eines solchen Unfalls mehrere Billionen Euro betragen würden, ohne dabei das gesundheitliche und psychologische Elend zu berücksichtigen, in das die Wallonen gestürzt würden – entweder müssten sie ihr Land und all ihr Hab und Gut verlassen oder in einem kontaminierten Gebiet in großer Armut leben. Der Betreiber von Tihange, Engie-Electrabel, würde nur 1,2 Milliarden zahlen müssen. Dies ist weniger als ihr Jahresgewinn und weniger als ein Tausendstel der Kosten der Katastrophe.
Wer ist verantwortlich für diese erschreckende Situation, in der Belgien sich befindet?
Selbstverständlich die Mitglieder der belgischen Regierung, die 1960 die Unterzeichnung der Konvention billigten; aber noch mehr diejenigen Regierungsmitglieder, die die dreimalige Verlängerung der Betriebsdauer der verschlissenen Reaktoren beschlossen haben – 2003 unter der Regierung Verhofstadt, 2012 unter der Regierung Di Rupo und 2015 unter der Regierung Michel.

In Deutschland kann man zur Zeit beobachten, was passiert, wenn der Umstieg
verschleppt wird: Der sogenannte Atomausstieg wurde zur Hälfte zwar schnell vorzogen,
zur anderen Hälfte aber auf die lange Bank geschoben. Überflüssiger Atom- und
Kohlestrom verstopft die Netze und verdrängt auch moderne Gaskraftwerke, die wegen
ihrer Flexibilität übergangsweise gebraucht werden. Potentiale zur Energieeffizienz und
-einsparung bleiben ungenutzt. Windräder werden immer häufiger abgeregelt, der Zubau
Erneuerbarer Energien wurde ausgebremst, und es fehlt ein längst überfälliges,
flächendeckendes Speicherkonzept. All das steigert am Ende die volkswirtschaftlichen
Kosten genauso wie die irreparablen Schäden.

Darüber hinaus blieben die Uranfabriken in Gronau und Lingen trotz „Atomausstieg“
unangetastet, weshalb die Gefahr grenznaher, maroder Atommeiler durch deutsche
Brennstoffexporte auch noch befeuert wird — nicht nur in Tihange und Doel, auch im
französischen Cattenom und Fessenheim sowie im AKW Borssele (NL). Das Risiko, das
man durch Abschalten deutscher Reaktoren zu vermindern glaubte, droht nun in
verschärfter Form ein paar Kilometer westlich — mit Hilfe deutscher Brennstäbe.
Belgien könnte diese deutschen Fehler vermeiden, es könnte die Chance ergreifen
und innerhalb kürzester Zeit eine energiepolitische Kehrtwende vollziehen, beispielhaft für
Europa.

Jeden Tag, den Atomanlagen länger betrieben werden, kann ein folgenschwerer
Unfall passieren. Der Atommüll wächst unaufhörlich, seine bisherige „Entsorgung“ ist ein
Desaster und die Energiewende wird blockiert durch den Weiterbetrieb unflexibler
Großkraftwerke wie die AKWs. Deshalb fordern wir den Sofortausstieg. Wir nutzen dabei mit unseren Aktionen die Möglichkeit, den Widerstand gegen die die Atomenergie zu stärken und unserem Protest entsprechend Ausdruck zu verleihen.

Daher fänden wir es wichtig, dass wir gemeinsam die Engie- Zentralen in Brüssel und Köln einkreisen.

Die bisher gefasste Entscheidungen von FDN lauten:

1. Die Aktion zur Einkreisung des Engie-Hauptsitzes in Brüssel am 33. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl, Freitag, den 26. April 2019, wird bestätigt.

2. Der Start der „offiziellen“ Aktion ist auf 16.00 Uhr festgelegt.

Venceremos – Wir werden siegen! Wolfgang Reinicke-Abel Köln, 26.01.2019