Atomsicherheit und Atomausstieg im Koalitionsvertrag verankern

Dienstag, 06.02.2018: Düsseldorf, 16 Uhr, Mahnwache vor der
Staatskanzlei: Für Klimaschutz und gegen AKW

„Neue Erkenntisse über AKW Tihange erfordern sofortiges Handeln!“

Dienstag, 16 Uhr Mahnwache vor Laschets Amtssitz!

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), die atomkritische Ärztevereinigung IPPNW, der Naturschutzbund (NABU) NRW sowie mehrere regionale Anti-Atomkraft- und Anti-Braunkohle-Initiativen fordern angesichts der neuen Erkenntnisse über den Reaktorblock 1 des Atomkraftwerkes Tihange von der belgischen Regierung, die Pannenreaktoren sofort stillzulegen. Eine entsprechende Initiative sowie die Stilllegung der deutschen Uranbrennstoff-Zulieferbetriebe in Gronau und Lingen müssen aber auch im neuen Groko-Koalitionsvertrag verankert werden. Für den kommenden Dienstag, 6. Februar, rufen die Initiativen und Verbände zu einer Protestaktion vor der Düsseldorfer Staatskanzlei am Horionplatz auf, um Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zum Handeln zu bewegen.

Nach Informationen der Verbände wurde zwar nach scharfer Kritik am Sondierungspapier vom 12. Januar ein Kapitel zu „Atompolitik“ im Entwurf des Koalitionsvertrages von Union und SPD aufgenommen. Dessen aktueller Stand berücksichtige die drängenden Probleme aber völlig unzureichend. Die AtomkraftgegnerInnen vermissen nach wie vor ein klares Bekenntnis der künftigen Bundesregierung, die Urananreicherungsanlage in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen endlich stillzulegen oder zumindest die Pannenreaktoren Tihange und Doel in Belgien nicht mehr von dort zu beliefern. Die Verbände wiesen nochmals darauf hin, dass inzwischen zwei Gutachten des Bundesumweltministeriums belegen, dass eine Stilllegung der beiden Anlagen rechtssicher möglich sei.

Besonders alarmiert sind die Verbände und Initiativen über Informationen aus Berlin, wonach eine Vereinbarung, dass sich die künftige Bundesregierung in Brüssel für eine Änderung des Euratom-Vertrages und insbesondere für Mitspracherechte beim Sicherheitsrisiko durch den alternden Bestand von AKW in den Nachbarländern einsetzen wolle, offenbar noch strittig ist.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse über Tihange 1 erwarten die Verbände von Union und SPD ein klares Bekenntnis ohne Wenn und Aber, dass sich die kommende Bundesregierung auf EU-Ebene für verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfungen bei geplanten AKW-Laufzeitverlängerungen einsetzt.

Belgien hat bereits 2016 die Laufzeit von Tihange 1, die eigentlich nach 40 Jahren 2015 enden sollte, auf 50 Jahre bis 2025 erhöht; derzeit favorisieren Betreiber und die belgische Mehrheitspartei NVA eine weitere Laufzeitverlängerung auf 60 Jahre bis 2035. Die Laufzeiten der anderen Blöcke sollen auch verlängert werden, allen Bedenken von Sicherheitsexperten zum Trotz. Die belgische Atomaufsicht zeigt sich von Protesten aus den Nachbarländern völlig unbeeindruckt. Deshalb sind grenzüberschreitende UVPs bei einer Laufzeitverlängerung, wie sie u.a. bei Tihange 2, Tihange 3 und Doel 3 zu erwarten ist, unerlässlich, um die Bedenken der Behörden und Bürger der Nachbarländer einbringen zu können.

Der IPPNW warnt vor einer neuen Atomkatastrophe. Als Folge der Tschernobylkatastrophe erkrankten schätzungsweise Hunderttausende an Krebs und an Nichtkrebserkrankungen. Ebenso mussten Hunderttausende Menschen evakuiert und umgesiedelt werden. Im dicht bevölkerten Dreiländereck wären dagegen mehrere Millionen Menschen betroffen! Gerade vor dem Hintergrund einer neuen Studie aus den Niederlanden, die den drei Ländern mangelhafte Koordination der Katastrophenhilfe bescheinigt, sei der Schutz der Zivilbevölkerung nur durch schnelle Abschaltung aller drei Reaktoren in Tihange möglich.

Als Sofortmaßnahme schlagen die Umweltverbände vor, dass Deutschland und die Niederlande RWE und Essent NV dazu veranlassen, das hocheffiziente Gaskraftwerk `Claus´ in Maasbracht wieder anzufahren und von dort Strom nach Belgien zu liefern. RWE hatte das Gaskraftwerk 2014 kurz nach der Modernisierung stillgelegt, weil es mit seinen alten Braunkohlekraftwerken mehr Geld verdient.

Die von NRW-Ministerpräsident Laschet kürzlich in die Diskussion gebrachte Lieferung von Braunkohlestrom nach Belgien lehnen die Initiativen und Verbände strikt ab: Den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, ist keine Lösung und verhöhnt die über Braunkohle- und Atomstrom gleichermaßen besorgten Menschen. Zudem sei Laschets Vorschlag keine Lösung für die kommenden Jahre. Während zwischen den Niederlanden und Belgien bereits eine Stromtrasse existiere, würde die derzeit geplante Stromleitung `ALEGrO´ von Oberzier (NRW) nach Lixhe (bei Lüttich) frühestens 2020 fertig gestellt. Weitere, zum vollständigen Ersatz von Tihange vom früheren NRW-Umweltminister Remmel vorgeschlagene Stromtrassen von Deutschland nach Belgien seien kaum vor 2030 realisierbar.

Weitere Infos:

www.ippnw.de, www.nabu-nrw.de, www.antiatombonn.de, www.bbu-online.de