AVR Reaktor in Jülich soll im September oder Oktober verlagert werden

Wir haben auf der Informationsveranstaltung in Jülich noch eimal nachgefragt. Es sind keine Evakuierungsmassnahmen vorgesehen.

Herzlichen Glückwunsch an die Jülicher Bevölkerung!

Da sollte sich vielleicht jeder selber auf den Weg machen.

Auch in Köln wird die Lage bei Westwind, den wir häufig haben, durchaus brenzlig.

Der erste Schritt der Verlagerung soll nun im September oder Oktober statt finden. Ein genaueres Datum liess sich bislang nicht herausfinden,

Hier ein erstaunlich kritischer Zeitungsartikel zur Verlagerung des AVR (Aachener Nachrichten):

Atomreaktor ist bereit für den Umzug

Von rene Benden
Aachen.
Ulrich Schäffler ist ein Mann der Finanzen. Wissenschaftlicher Idealismus und technische Machbarkeit spielen in seinen Kalkulationen keine Rolle. Was in den 60er Jahren als Leuchtturmprojekt der Nuklearforschung startete, ist aus Sicht von Schäfflers Rechnungen heutzutage vor allem eins teuer. Wenn der Hochtemperaturreaktor der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) im Jahr 2022 vollständig abgerissen sein wird, hat alleine der Rückbau rund 560 Millionen Euro gekostet. Eine Summe, mit der man die Städte Düren, Jülich und Eschweiler auf einen Schlag entschulden könnte.

Die Lagerkosten für den auf unabsehbare Zeit noch stark nuklear verseuchten Reaktor sind da übrigens
noch gar nicht mit eingerechnet. Damit Schäffler sich als heutiger kaufmännischer Geschäftsführer
der AVR-GmbH nicht die Frage gefallen lassenmuss, warumumalles in der Welt ein Forschungsprojekt
beim Abbau so teuer sein muss, stellt er eines gleich klar: „Wir gehören nicht zur Atom-Lobby. Wir
räumen hier nur auf.“ Und beim Aufräumen stehen Schäffler und sein knapp 150-köpfiges Teamnun
vor einem der wichtigsten Momente beim gesamten Rückbau:

Im September soll der 26 Meter
hohe und 2100 Tonnen schwere
Reaktor aus seinem Stahlbetonmantel
gezogen werden. Ein weltweit
bislang einzigartiges Vorhaben.
Denn im Vergleich zu anderen
Reaktoren, die bei ihrem Rückbau
in aller Regel demontiert werden
können, ist das Jülicher Exemplar
derart mit gefährlichen
Nukliden wie Strontium, Cäsium
und Kohlenstoff 14 verseucht, dass
man ihn an einem Stück aus seinem
Reaktorgebäude ziehen muss.
Die Vorbereitungen für das
spektakuläre Manöver im kommenden
September haben sich
über zehn Jahre hingezogen. Immer
wieder wurden die Arbeiten
verzögert, weil entweder die Dokumentation
über den Aufbau des
Reaktors unvollständig war oder
aber die Arbeiter bei stark radioaktiven
Bauteilen mit äußerster Vorsicht
vorgehen mussten. „Die Sicherheit
unserer Mitarbeiter hatte
immer oberste Priorität“, betont
Schäffler.
Fahrt ins Zwischenlager
Inzwischen sind die Arbeiten weit
fortgeschritten. Das Reaktorgebäude
wurde an einer Seite aufgesägt,
so dass der riesige Reaktor
über eine Hebevorrichtung in über
60 Meter Höhe aus seiner Stahlbetonhülle
schweben kann, um
dann in die Waagerechte geschwenkt
zu werden, bevor er abgelegt
wird. Ein Unterfangen, das
nicht ohne Risiko ist. Sollte der Reaktor
abstürzen, wäre es nicht zu
vermeiden, dass Teile seines gefährlichen
Inhalts ans Tageslicht
kommen. „Um die Risiken zu minimieren,
ist der komplette Reaktor
mit einem Spezialbeton gefüllt
worden, der die gefährlichen Nuklide
gebunden hat“, erklärt Wilfried
Hubrich, Leiter des Projekts
AVR-Rückbau.
Wenn die Bergung des Reaktors
gelungen ist, soll er im Januar 2015
in sein eigens hergerichtetes Zwischenlager
einige hundert Meter
entfernt einziehen. Spezialfahrzeuge
werden den Koloss dorthin
befördern. Doch was danach mit
dem Reaktor passiert, ist weitgehend
ungeklärt. Zwar sieht der offizielle
Plan vor, in 30 bis 60 Jahren
den Reaktor zu zerlegen und abzutransportieren.
Dass das aber tatsächlich
passiert, daran zweifeln
selbst Experten. Das Problem ist,
dass der Jülicher Reaktor selbst in
Jahrzehnten nicht nennenswert
abgeklungen sein wird. Vor allem
der Kohlenstoff 14 (C14), der in
großen Mengen im Reaktorkern lagert,
ist problematisch. Die Halbwertzeit
von Kohlenstoff 14 beträgt
5730 Jahre. Das heißt: Es dauert
rund 5730 Jahre bis sich die
Strahlung von C14 im Reaktor halbiert
hat. Eindrucksvoller lässt sich
kaum beschreiben, wie lange
nachfolgende Generationen noch
mit dem nuklearen Erbe unserer
Zeit beschäftigt sein werden.
Um zu verstehen, wie es so weit
kommen konnte, muss man einen
Blick in die 50er und 60er Jahre der
Bundesrepublik werfen. Damals
war Atomstromin der öffentlichen
Wahrnehmung die Lösung aller
Energieprobleme – billig, ungefährlich,
nahezu unbegrenzt verfügbar.
Und in Jülich stand mit
dem AVR-Reaktor der Hoffnungsträger
einer ganzen Nation. Ein Reaktorkonzept,
dass aufgrund seiner
hohen Temperaturen und seiner
Sicherheit den internationalen
Markt erobern sollte. Dass dieser
Reaktor aber nicht funktionierte,
wurde Jahrzehnte ignoriert. Preis
dieser Ignoranz ist eine unkalkulierbare
Altlast, die einst als vielversprechendes
Forschungsprojekt
gestartet war.

Ulrich Schäffler ist sich der Risiken,
die der AVR-Reaktor noch
birgt durchaus bewusst. In den
nächsten Jahren sollen das Reaktorgebäude
und das Fundament
abgebaut werden. Bei einem Störfall
1978 ist radioaktiv verseuchtes
Wasser ins Erdreich unterhalb dieses
Fundaments gedrungen. Als
ungefährlich hat der TÜV den Vorfall
zwar eingeordnet. Wie groß der
Schaden aber tatsächlich ist, wird
man wohl erst wissen, wenn man
bis zu den kontaminierten Stellen
vordringen kann. Böse Überraschungen
sind nicht ausgeschlossen

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