Anzeige durch den Whistleblower und ehemaligem Mitarbeiter Rainer Moormann gegen das FZJ Jülich eingereicht

Es wurde Anzeige durch den Whistleblower und ehemaligem Mitarbeiter Rainer Moormann gegen das FZJ Jülich gestellt.
Hier der Wortlaut:

An die
Staatsanwaltschaft Aachen
Anzeige nach §328 StGB (Unerlaubter Umgang mit Kernbrennstoffen)
Sehr geehrte Damen und Herren,
wegen des Verdachts der schuldhaften Verursachung eines ungenehmigten Zustands bei der
Lagerung von Kernbrennstoff möchte ich unter Berücksichtigung von § 328 StGB Anzeige gegen
des Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ D 52425 Jülich) erstatten.
Das FZJ ist Besitzer von 152 Castoren mit ca. 290.000 abgebrannten Brennelementkugeln aus dem
Versuchsreaktor AVR Jülich und lagert diese in einem Zwischenlager auf dem FZJ-Gelände. Die
Genehmigung des Lagers ist seit dem 01.07.2013 ausgelaufen, da FZJ die Sicherheit des Lagers
nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik bisher nicht nachweisen konnte. Nach zwei
befristeten Duldungsverfügungen seitens der NRW-Aufsichtsbehörde ohne ausreichende
Fortschritte bzgl. weiterer Genehmigung wurde am 02.07.2014 behördlicherseits die
schnellstmögliche Räumung des Lagers angeordnet. Eine Räumung zur Erzielung einer
gesetzeskonformen Lagerung ist aber derzeit unmöglich, da FZJ die Krananlage der Verladezelle,
die einer separaten Genehmigung unterliegt, nicht auf dem erforderlichen Stand gehalten hat
(Genehmigung abgelaufen Ende 2013), sodass sie aufwändig aufgerüstet werden muss (mindestens
bis November 2016).
Aus folgenden Gründen habe ich den Verdacht, dass diese Situation schuldhaft herbeigeführt
wurde:
• Dass große Schwierigkeiten bei der Genehmigung des Zwischenlagers über 2013 hinaus
auftreten würden, war seit spätestens 2001 bekannt (Attentat auf das World Trade Centre:
gestiegene Anforderungen betr. terroristischer Attacken, für die es im Jülicher Lager keinen
ausreichenden baulichen Schutz gibt. Paläoseismologische Untersuchungen für den Jülicher
Raum von 1995 – 2000, die zeigten, dass deutlich stärkere Erdbeben auftreten können als
früher angenommen). Dennoch beschränkte sich FZJ darauf, 4 Tage vor der Frist, bis zu der
ein Nachweis zum weiteren Verbleib der Castoren vorgelegt werden musste (30.06.2007),
eine längerfristige Verlängerung der Lagergenehmigung zu beantragen, was
erwartungsgemäß als aussichtslos zurückgewiesen wurde.
• FZJ reduzierte daher 2009 den Verlängerungsantrag auf 3 Jahre und änderte die Strategie
mit Unterstützung des Mehrheitsgesellschafters Bund aus eher sachfernen Gründen
dahingehend, die Castoren mittelfristig aus Jülich zu entfernen. „Es ist das erklärte Ziel der
Bundesregierung, dieses Forschungszentrum kernbrennstofffrei zu machen, um einen
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attraktiven Standort zu haben.” (FZJ-Aufsichtsratsvorsitzender Karl Eugen Huthmacher
Ende November 2011, lt. Rene Benden, Aachener Zeitung Online 16.12.2011)
• Die naheliegende Option der Errichtung eines neuen Lagers in Jülich wurde nicht ernsthaft
geprüft. Das Ziel einer Entfernung der Castoren aus Jülich dominiert vielmehr seither das
Agieren von FZJ.
• Die weiteren Planungen zum Kernbrennstoff sind durch einen häufigen Konzeptwechsel
gekennzeichnet, was zu erheblichen Zeitverlusten führte:
• Ab 2010 wurde eine Verlagerung der Castoren in das Zwischenlager Ahaus für FZJ
prioritär und das Genehmigungsverfahren zur temporären Verlängerung des Jülicher
Lagers wurde durch FZJ am 16.07.2010 sogar ausgesetzt (bis 16.05.2012, s.u.).
• Parallel wurden Anträge zur Transport- und Aufbewahrungsgenehmigung in Ahaus
gestellt, die aber nicht rechtzeitig vor Ende der Jülicher Lagergenehmigung
bearbeitet werden konnten (wie die Genehmigungsbehörde BfS durchblicken ließ,
wegen qualitativer Mängel der Antragsunterlagen) und daher im Januar 2013
zurückgezogen wurden.
• Es ist zu vermuten, dass die erst 2012 in das Bewusstsein tretende
Kranproblematik/Verladezelle (Genehmigungsbehörde MWEIMH/NRW), die
jeglichen Transport für Jahre unmöglich macht, beim Abrücken von der Ahaus-
Option ebenfalls eine Rolle gespielt hat und auch dazu führte, das
Genehmigungsverfahren zur temporären Verlängerung des Jülicher Lagers im Mai
2012 wieder aufzunehmen.
• Wegen der weiter anhaltenden Genehmigungsprobleme um das Jülicher Lager wurde
am 15.12.2014 das Genehmigungsverfahren für einen Transport nach Ahaus von FZJ
wieder aufgenommen.
• Schließlich wurde ab 2012 die Verbringung der Castoren in die USA mit erheblichem
Aufwand bearbeitet – eine Alternative, die nach Einschätzung des von der Behörde
bestellten Gutachters TüV Nord vom Mai 2015 allerdings als weniger
erfolgversprechend einzustufen ist.
• FZJ geht derzeit noch davon aus, dass eine temporäre Genehmigung des Jülicher Lagers
möglich ist, allerdings einigen Zusatzaufwand erfordert. Die Unterbrechung des
Genehmigungsverfahrens für fast 2 Jahre 2010 – 2012 könnte daher für die derzeitige
Situation verantwortlich sein.
• Der Umstand, dass FZJ die Genehmigung der Krananlage der Verladezelle, die für jeden
Transport zwingend erforderlich ist, offenbar bis 2012 schlicht übersehen oder ignoriert hat
und erst Ende 2012, also 1 Jahr vor Ablauf der Genehmigung, einen Verlängerungsantrag
gestellt hat, muss wohl als eine im Umgang mit Kernbrennstoff grobe Fahrlässigkeit
gewertet werden. Es war jedem Fachmann klar, dass eine Verlängerung der Genehmigung
dieser alten Anlage nur nach erheblichen Aufrüstungen möglich sein würde. Die
durchzuführenden Aufrüstungen – die zur Beschleunigung mittlerweile sogar schon
begonnen wurden, ohne auf die behördlichen Baugenehmigungen zu warten – werden bis
mindestens Ende 2016 jeden Castortransport/Lagerräumung verhindern.
• Der insgesamt wenig sachgerechte und eher oberflächliche Umgang mit dem Jülicher
Kernbrennstoff durch FZJ zeigt sich auch durch folgende Fakten:
• Vor dem Landtags-Untersuchungsausschuss zur „Atomkugelaffaire 2011“ rügten
sowohl Vertreter von Bundes- als auch von Landesministerien die „nonchalante“
Buchführung über die in den Castoren vorhandenen Brennelemente
• Laut Störungsbericht der NRW-Atomaufsicht regnete es im August 2011 und im Mai
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2012 in das Castorenlager durch Dachundichtigkeiten so stark hinein, dass die
Feuchtesensoren der Castoren Alarm schlugen
• Der behördlicherseits zum 30.09.2014 geforderte und mit Nachbesserungen am
31.10.14 abgelieferte FZJ-Detailkonzept zum weiteren Umgang mit den Castoren ist
nach Einschätzung des behördlichen Gutachters wegen mangelndem
Informationsgehalt nicht geeignet, eine abschließende Aussage zu den Optionen zur
Zukunft der Castoren zu geben. Die FZJ-Schlussfolgerungen werden vom Gutachter
angezweifelt.
Einige Belege zu meinen Aussagen finden Sie in:
http://www.bfs.de/DE/themen/ne/zwischenlager/dezentral/genehmigung/kkj.html (Chronologie)
http://umweltfairaendern.de/wp-content/uploads/2014/12/Detailkonzept-Juelich.pdf (Das
Detailkonzept des FZJ zum weiteren Umgang mit den Castoren vom 31.10.2014 – vom FZJ
unveröffentlicht, aber über UIG von den Umweltverbänden zugänglich gemacht – enthält Details
zur Krananlage/Verladezelle S. 5f)
Ich hoffe, den komplexen Sachverhalt halbwegs plausibel dargestellt zu haben.
Mit freundlichem Gruß

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